WHAT?? Nix tun?? Heast Oida...

Im SEIN-Modus

Warum etwas so einfaches wie Meditation eine Herausforderung sein kann

Neulich sagte jemand: "Wenn ich meditieren muss, werde ich aggressiv". Ups, äh...ja...Verständlich, dass die Person sich fragt, ob da irgend etwas falsch läuft. Wir wollen uns ja eigentlich entspannen, Stress abbauen, Schmerzen in den Griff bekommen, alte Muster loswerden, abschalten, Kraft sammeln und wer weiß, vielleicht machen wir sogar eine Grenzerfahrung, oder? Das wird aber eher nicht passieren, wissen die, die es schon ausprobiert haben. Also, es wird sich wahrscheinlich etwas ändern, aber eher nicht in dem Moment, wenn wir uns hinsetzen und anfangen zu üben, und wahrscheinlich auch nicht in den folgenden 5 Sekunden oder 5 Minuten.

 

"Falsch" läuft deswegen trotzdem nichts. Auch nicht, wenn jemand Wut in sich aufsteigen spürt. Im Unterschied zu Techniken wir PMR, Hypnose, Fantasiereisen, autogenes Training und auch allen  Tätigkeiten, denen wir an einem Tag so nachgehen, geht es bei der Meditation nicht darum etwas zu tun, sondern eine Haltung einzunehmen, in der wir einfach nur SEIN können. Ganz ohne Druck, etwas erreichen zu müssen.


Hier kannst du dir den Text anhören:


Der Wechsel vom Tun zum Sein

Im Alltag sind wir ständig beim Tun. Selbst in unserer Freizeit sind wir nicht einfach nur. Wir basteln fast pausenlos daran, etwas an unserem derzeitigen Zustand zu verändern oder uns woandershin zu bewegen. Da ist jetzt dies zu tun und dann das, wir gehen dorthin und dann dahin, und wenn sich dann mal ein Moment der Ruhe ankündigen könnte, greifen wir zum Smartphone oder zur Fernbedienung. Selbst unsere Gedanken rattern ständig, wiederholen Vergangenes oder stellen sich die Zukunft vor. Im Moment sind wir selten.

Beim Meditieren schalten wir um - vom Tun-Modus in den Sein-Modus. Das ist für die meisten schon sehr ungewöhnlich, so ganz ohne Beschäftigung, womöglich noch in unbequemer Haltung. Die Gedanken können dann besonders laut werden. Mir tut der Rücken weh, ob die Herdplatte wohl ausgeschaltet ist, es ist langweilig, ob ich das richtig mache, bei mir funktioniert es nicht, wird das irgendwann besser, ich bin super, ich kann das nicht, wie lang doch 5 Minuten sein können... Es gehört zu uns dazu, ständig zu bewerten und zu beurteilen, wir haben uns das jahrelang antrainiert. Daher darf es auch in der Meditation sein. Und hier liegt der Unterschied zum Alltag: Wir beobachten es und aha- so ist das also. Es gibt keine Notwendigkeit, sich darüber ein Urteil zu bilden, es geht einfach nur darum, es wahrzunehmen, uns selbst und den Augenblick so sein zu lassen, wie er ist, wie wir sind.

Es könnte z.B. auch sein, dass traurige Gedanken laut werden und unsere Stimmung kippt. Im Alltag kann es vorkommen, dass wir uns da voll reinlassen und die traurigen Gedanken füttern (oh ja,  es ist ja alles sooo traurig und das auch noch und hätte ich nur und wenn doch...).Oder wir unternehmen etwas um die Traurigkeit zu beseitigen, weil wir diesen Zustand nicht haben wollen. Verständlich, denn wer ist schon gern traurig?

 

Bei der Meditation versuchen wir, die Haltung von Beobachtenden einzunehmen, die nicht werten, nicht urteilen, nur schauen. Als Beobachtende nehmen wir einfach wahr, die traurigen Gedanken oder die ungeduldigenden oder die urteilenden- aha - und dann kommt der nächste Augenblick und vielleicht ist es dann immer noch so oder es ändert sich. Wir lassen geschehen, was da ist, ohne etwas hinzuzufügen. Es gibt keinen Druck, etwas verändern zu müssen. Alles ist so, wie es ist, in diesem Augenblick.

Geduld kommt ganz von selbst

Wir tun nicht, sondern erlauben uns ausnahmsweise, zu sein (auch wenn wir während dieses Nicht-Tuns sehr aktiv sind). Da kann dann schon mal Ungeduld aufkommen.

Der Wissenschaftler und Meditationslehrer Jon Kabat-Zinn meint, das sich hinter dieser Ungeduld eine Form von Wut verberge. Wenn wir Wut genauer ansehen, könnten wir darin meist etwas oder jemanden (oft auch uns selbst) entdecken, das oder den wir verantwortlich machen und anklagen dafür, dass wir uns so fühlen, wir wir es eben gerade tun.

 

Wenn wir einen anderen Blickwinkel einnehmen, stellen wir wahrscheinlich fest, dass nichts einfach so passiert. Alles hat eine Ursache und diese ist wieder auf eine Ursache zurückzuführen und so weiter. Oder in die andere Richtung gedacht: das, was wir jetzt tun, hat Auswirkungen auf das, was als nächstes geschieht.

 

In der Meditation passiert es dann, ganz von selbst, während wir atmen und unser Atmen beobachten und den Augenblick erleben, dass sich Geduld breitmacht. Aus dem So-Sein des Augenblicks entwickeln wir Haltungen, die uns auch außerhalb der Meditation leiten könnten. Zum Beispiel könnten wir dadurch die Fähigkeit entwickeln, Dinge so sein zu lassen, mitfühlend und achtsam mit uns selbst und allem, was uns umgibt umzugehen, unabhängiger zu werden von unseren Verhaltensmustern, offener und friedlicher. Wir könnten uns von einer uns immer deutlicher werdenden inneren Weisheit lenken lassen und von dem Wissen um die Bedeutung eines Lebens, das in jedem Augenblick gelebt wird. Das könnte eine echte Alternative sein und wenn es vielleicht auch kein guter Grund um sich hinzusetzen und zu meditieren, könnte daraus eine Vision entstehen, die uns beflügelt. Vielleicht von einer achtsamen Welt, von einem freundlichen Miteinander, von Vertrauen, von Großzügigkeit und Güte, vom Entdecken und Beschreiten des eigenen Weges oder von der Erkenntnis, dass jeder Augenblick und jedes Leben ein Wunder in sich trägt.

 

💛


Inspired by: Jon Kabat-Zinn, Wissenschaftler und Meditationslehrer

 

Petra Ouschan ist psychologische Beraterin und Supervisorin bei Zent und begleitet ihre Klient*innen besonders gern über Mail.



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